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Tigers Major-Angst

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Wer sich bei den Turnieren nur die Rosinen herauspickt, dem schmecken die hantigen Major-Kurse besonders bitter. 5 Gründe, warum für Tiger Woods die Trauben bei Majors immer höher hängen.

16. Juni 2008: Österreichs Kicker unter Teamchef Josef Hickersberger verlieren bei der Heim-EM im Ernst Happel-Stadion mit 0:1 gegen die Deutschen. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer muss den SPÖ-Vorsitz abgeben und US-Präsident Georg W. Bush ist zu Besuch bei Angela Merkel in Deutschland.

Ach ja, und noch etwas: Tiger Woods gewinnt seinen 14. und bislang letzten Major-Titel bei der US Open, nicht gerade zufällig auf der Hauswiese von Torrey Pines.

Seit exakt 1.882 Tagen wartet Tiger Woods auf Majortitel Nummer 15 um dem Allzeitrekord von Jack Nicklaus mit 18 Erfolgen näherzurücken. Nach der neuerlichen Pleite von Oak Hill heißt es weitere 245 Tage bis zur nächsten Chance warten – und die biologische Uhr tickt für den dann 38-jährigen immer schneller. Wahrscheinlich bereut es Tiger mittlerweile, dass er selbst die Anzahl der Majortitel als Messlatte dafür gewählt hat, wer der Größte aller Zeiten ist…

Dabei ist aus Sicht der Tiger-Fans eh wieder alles paletti. 5 Saisonsiege und klare Nummer 1 im World Ranking, nachdem sich der logische Nachfolger Rory McIlroy für einige Zeit von der Liebe und dem Millionärsleben konsumieren lässt. Wieso klappt es aber bei den Majors für Tiger nicht? Mir fallen zumindest 5 Gründe ein.

1. Major-Setups zu schwer: 15 Jahre lang hat Tiger die Turnierveranstalter in Amerika dazu erzogen, sein Lieblings-Setup bezüglich Rough (wenig) und Grüns (schnell) aufzulegen – oder er startet nicht. Logische Folge: er gewinnt im Wesentlichen immer die gleichen Lieblingsturniere mittlerweile zum 7., 8. Mal. Tigers Pech sind die Majors: Weder die sturen Herren von Augusta, noch die USGA, R&A oder US PGA braten für Herrn Woods eine Extrawurst.

2. Defensiv erzeugt Defensive: der für sein geniales Course-Management und das „Denken über den Golfplatz wie ein Schachweltmeister“ gepriesene Woods ging rückblickend betrachtet bei den Majors zu defensiv zu Werke. Beispiel British Open: Wer sich nur lange Schläge auf knochenharte Links-Grüns überlässt, kommt nicht nah genug zu den Fahnen. Eine defensive Grundhaltung killt im Unterbewusstsein die geforderte Siegermentalität. Ein Gewinnertyp attackiert, hat es nicht nötig zu verteidigen.

3. Nicht seine Grüns: Besonders lautstark war das Jammern über wechselnde Green-Speeds zu vernehmen. Ist aber nichts Neues bei Majors, hat Tiger früher nicht am Siegen gehindert. Da spielt schon eher eine Rolle, dass bei längeren Annäherungen oder Attacken aus dem Rough die Birdieputts automatisch länger wurden.

4. Angst vor dem Scheitern: die neue Tour-Generation hat keine Angst mehr vor Tiger am Sonntag auf den letzten 9 Löchern, jetzt ist es eher umgekehrt. Beim heurigen Masters und der British Open war eines sehr auffällig: bei beiden Turnieren war Tiger solange gut unterwegs, bis er die Führung übernahm. Ab diesem Zeitpunkt zerfiel bei beiden Turnieren sein Spiel, weil Woods den Sieg „auf der letzten Rille spielend“ erzwingen wollte.

5. Wehwechen zwicken: Das Alter geht auch nicht spurlos an Tiger vorbei. Die öffentlich bekannten Wehwechen zwingen den 37-jährigen zu Pausen und verhindern ein Antreten in gefühlter Bestform. Schon Nicklaus und Palmer mussten feststellen, dass die Präzision beim Putten (Tigers mit Abstand wichtigste Waffe) mit dem Alter langsam verloren geht. Zudem halten sich hartnäckige Gerüchte über weitere gesundheitliche Probleme.

Ein Tiger wie wir ihn früher kannten, hätte 2013 das Masters und die British Open gewonnen, indem er am Samstag die Führung ausgebaut und am Sonntag den Triumph im roten Shirt nach Hause gespielt hätte. Der Tiger von heute dagegen verkrampfte sobald er die Siegchance hatte und zitterte sich weg wie früher reihenweise seine Kontrahenten.

Die beste Diagnose, ob Tiger noch Nicklaus‘ Major-Rekord knacken kann, stellte Arnold Palmer: „möglich, aber zunehmend fraglich.“ Exakt mit jedem verstrichenen Major noch ein Stück fraglicher.

Die endgültige Anwort könnte 2014 gegeben werden: auf drei der anstehenden vier Major-Schauplätze hat Woods bereits gewonnen und der Vierte – Pinehurst, Schauplatz der US Open – wird kein fettes Rough auftischen. In Pinehurst erreichte er bereits zweite und dritte Plätze. Also „tigerfreundlicher“ als 2014 können Majors in seiner Ära nicht mehr werden.

von Joachim Widl

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