Schlagwort: kolumne

Rock’n Golf

Tigerline_Golf_Live_at

7,4 Millionen Amerikaner wollten den Showdown zwischen Tiger Woods und Phil Mickelson beim Pebble Beach Pro-Am sehen. Mehr US-Golffans sitzen nur bei Majors vor der Flimmerkiste. Rekorde purzelten zuletzt auch beim Presidents Cup. Tiger vergoldet die Golfszene üppiger als zu seinen sportlichen Glanzzeiten.

Fans, die Schwungästheten wie Ernie Els oder Paul Lawrie bei der Arbeit zusehen wollen, sind mittlerweile eine verschwindende Minderheit. Sex, Drugs and Rock n‘ Golf regiert! Die Show überlagert immer mehr den Sportaspekt.

Da kann sich Luke Donald noch so bitter beschweren, wie wenig die Medien der klaren Nummer 1 im Golfsport Beachtung schenken. Ein fluchender, spuckender und nicht einmal „Fore“ rufender „Bad Tiger“ ist einfach mehr sexy. Zudem polarisiert der gestrauchelte Superstar wie kein anderer: leidenschaftliche Wortduelle seiner Fans und Gegner ziehen sich durch alle Golfforen, so auch bei uns im Golf-Live Talk.

Die These vom „Rock ’n Golf“ belegen weitere Beispiele. Man nehme einen Highschool-Golfer, verpasse ihm einen Justin Bieber Haircut, tauche ihn in grelle Neonfarben, setze ihm ein mächtiges Baseball-Cap auf, klebe einen Puma drauf und schon sind die Teenies am Golfplatz. Rickie Fowler überstrahlt auch ohne Siege weitaus erfolgreichere Altersgenossen. So funktioniert das Konzept „Hello Juniors“.

Bei den Mädels sind die Spielregeln ein wenig anders. Natalie Gulbis startete 2004 die „Kalender-Mania“, eifrig kopiert von Sophie Sandolo und Kolleginnen. Die Australierin Anna Rawson war sogar im Modell-Business erfolgreichreicher und wahrscheinlich auch talentierter als bei der Birdiejagd.

Den Vogel schoss vor wenigen Tagen LPGA-Pinup Natalie Gulbis mit ihrem >> Body-Paint Auftritt in der Swimsuit-Edition von Sports Illustrated ab. Ich wage zu behaupten, dass Damengolf ohne diese Showeinlagen weder in Amerika noch in Europa zu irgend einer nennenswerten TV-Coverage kommen würde.

Man mag darüber den Kopf schütteln, am Ende muss man der Realität ins Auge sehen. Der Markt, Medien und Geld bestimmen im Golfsport immer mehr die Spielregeln. Ohne den Skandalauftritt von John Daly wäre die Austrian Golf Open in den internationalen Sportmedien wie üblich untergegangen. Da Big John aber vorzeitig zusammenpackte, musste der Veranstalter sogar nur das geringere Antrittsgeld für „Missed Cut“ zahlen…

Ich werde immer wieder von den heimischen Golf-Pros und Proetten gefragt, was sie tun können um zu Sponsorverträgen zu kommen. Die Antwort ist traurig aber wahr: diese Story lesen!

von Joachim Widl

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Hast Du einen Vogel?

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Beim Stöbern in euren Leser-Mails stosse ich auf den Wunsch, unsere Golfsprache doch endlich einzudeutschen. Unwörter wie“gescort“, „weggehookt“, „angedrived“ sollen weg. Also ich gebe wie immer mein Bestes und versuche das mal…

Das Wort „Birdie“ ist ja leicht zu übersetzen, ich könnt wirklich mal von einem „willkommenen Vogerl“ schreiben. Eagle=Adler, Hole=Loch, Ball=Ball. Das scheint ja wirklich watscheneinfach.

Erschwerend ist nur, dass die Spieler selbst nur golfenglisch verstehen. „Hast heute den Vogel abgeschossen“, wird von Markus Brier vielleicht nicht verstanden werden, oder „Bernd, hast wieder die Vogelscheuche“, wenn die Putts nicht fallen.

Im Plural wird die Sache besonders delikat. Ich stelle mir vor, wie ich Steffi Michl vor der Finalrunde in Föhrenwald frage, ob sie sich viele Birdies zutraue und das wohl so formulieren müsste: „Willst heut ordentlich vögeln?“

Die Toursprache ist nun mal englisch, mit Folgen: Martin Kaymer wirkt richtig schüchtern im Interview mit der ARD-Sportschau, dagegen klappts viel lockerer auf Englisch mit CNN.

Den Vogel hat jedoch ein Leser abgeschossen, der erbost in der Redaktion anrief und sich über den Unsinn beschwerte, den wir so schreiben: „Dass ein Spieler STERBEN soll, ist wohl das Geschmackloseste überhaupt.“

Ein Screenshot, den er uns übermittelte, löste das Rätsel: ein falsch konfiguriertes Übersetzungs-Tool auf seinem Computer „übersetzte“ unsere Live-Texte vom Englischen ins Deutsche – und interpretierte den deutschen Artikel „DIE“ als englisches Verb „to die“ – somit schrieben wir übers „sterben“ statt übers golfen,

Mein Satz „Die Fehler lassen bei Jürgen Maurer die Birdies wegbleiben“ …
las sich dann so „Sterben Fehler lassen bei Jürgen Maurer sterben Birdies wegbleiben

Also ich fürchte, nach all der Mühe … ich kann das nicht! Golf ist nun mal ein anglophil durchsetzter Sport. Wir Golfer sind auch nicht die einzigen.

Was soll man beim Baseball machen? Wird aus einem „Single Run“ ein „Einlauf“?

Im Tennis „Tie-Break“ ein Krawatten-Bruch?

Ist ein „Touchdown“, was Herr Strauss-Kahn angeblich laut Anklage in New York versuchte?

Ich fürchte, den Vogel habe ich!

von Joachim Widl (übersetzt in Joe Widl)

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Von Schwab und Schwalben

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Matthias Schwab darf (noch) nicht Autofahren, keinen Alkohol trinken und nicht zur Wahl gehen – aber bei der Austrian Open Golf spielen, das durfte er schon – zum Glück!

Wie wäre das Turnier in Atzenbrugg wohl verlaufen ohne einen 15-jährigen Schulbuam aus Schladming? Matthias hat uns Fans und auch den Veranstalter gerettet. Dafür ein herzliches Dankeschön!

Vor galoppierender Euphorie in weiterer Folge sei jedoch gewarnt. Denn so wie eine Schwalbe noch keinen Frühling macht, so führt ein 32. Platz bei einem European Tour-Event mit 15 Jahren nicht zwangsläufig zu einer Weltkarriere.

„Ich hätte mir diesen Erfolg erst in zwei Jahren erwartet,“ meinte Papa Andi Schwab zehn Minuten, nachdem der letzte Putt seines Sohnes gefallen war. Auch Niki Zitny, der für seine jungen Wilden wie ein Löwe kämpft, will zum jetzigen Zeitpunkt möglichst vielen wie Schwab, Goger, Maukner oder den Straka-Jungs Startplätze auf der European- und Challenge Tour verschaffen, aber vorwiegend zur Charakterbildung und als Motivationsschub.

Die Familie Schwab war sich selbst im Vorfeld nicht sicher, ob der Start von Matthias nicht zu früh käme, „wir wollten ihn auf gar keinen Fall verheizen.“ Niki Zitny war angesichts der soliden Technik von Matthias völlig sicher, dass er sich nicht wegschiessen würde. Mit Robin Goger hätte übrigens beinahe ein weiterer 15-jähriger gecuttet, auch im Vorjahr war es bei ihm ganz knapp. Zitny kämpte darum, noch ein, zwei Startplätze mehr für seine U16-Boys zu bekommen, leider vergeblich.

Eine Bilanz bezüglich Österreichs Golfteenager lässt sich ziehen: wir haben hierzulande zwar nicht die Masse, aber sicher die Klasse bei einer Handvoll Boys und Girls für die Zukunft. Das gilt auch für die Mädels wo Marina Stütz bereits im Vorjahr in Föhrenwald als 16-jährige cuttete und heuer sogar nach dem ersten Tag führte. Alles kein Zufall!

Die Basis ist gelegt, das technische Rüstzeug vorhanden, die Unterstützung im ÖGV vom Präsidenten über den sportlichen Leiter bis zu den Trainern gegeben. Nicht zu vergessen die Eltern und die Clubs.

Die nächsten drei Jahre sind entscheidend, jetzt heisst es für jeden einzelnen „dranbleiben“. Die erste Freundin oder ein paar falsche Freunde, zu viele Schulterklopfer, Verletzungen, familiäre Krisen, all das könnte eine Karriere verhindern. Deshalb meinen auch Forsbrand und Jendelid, dass wir statt 5 solcher Talente wie wir sie haben eigentlich mindestens 50 bräuchten, so wie andere Länder.

Ein Gradmesser werden die internationalen Jugendturniere der nächsten Jahre sein. Dort müssen Schwab, Goger und Stütz die Gleichaltrigen biegen: Siege und Stockerplätze bei EM und grossen Jugendmeisterschaften führen zu vielversprechenden Profikarrieren. Nur wenige Golfverbände anderer Nationen haben den Mut, ihre 15-jährigen bei ihren European Tour-Events an den Start zu schicken, so gesehen war Atzenbrugg kein Gradmesser – aber eine Riesenshow!

von Joachim Widl

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Ungeliebte Alps-Tour

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Stell Dir vor, es ist Alps Tour und keiner spielt mit! Leider ist das der Trend, dem Alps Tour-Gründungsland Österreich kommen die Pros auf der eigenen Satellite Tour abhanden!

Jürgen Maurer, Hans Peter Bacher spielen lieber mit einer Handvoll Einladungen auf der Challenge Tour, Leo Astl, Christoph Pfau, Wolfgang Rieder und Co. auf der EPD Tour, einer anderen Satellite Tour.

Die logische Konsequenz: kein Österreicher unter den besten 30 im Alps Tour-Ranking, kein Hahn kräht nach den Alps Turnieren, ausser den traditionsreichen steirischen Turnieren vielleicht. Da initiiert der ÖGV und vor allem seine gute Seele Traude Neuwirth eine hochkarätige europaweite Turnierserie, mit dem höchsten Preisgeld unter allen vier anerkannten „Satellite Tours“ – und unsere Pros sagen lieber „Nein Danke“!

Zu starke Konkurrenz …

Der Grund dafür ist eigentlich zum Lachen, wenns nicht so traurig wäre! Die Alps Tour ist schlichtweg zu schwierig geworden. Nach EU-Recht mussten die Satellite Tours ihren „Gebietsschutz“ aufheben, damit kann jeder Pro über die Tourschool sein Spielrecht erwerben.

Und mit zwei, drei Jahren Verzögerung spielen nun Engländer, Schotten, Spanier, sogar Amerikaner und Neuseeländer ausgerechnet auf der Alps Tour, weil es dort mit 40.000 bis 60.000 Euro die best gefüllten Preisgeldtöpfe unterhalb der Challenge Tour gibt.

Somit sind aktuell 17 Spieler aus nicht alpinen Ländern in den Top 30, 10 Briten, 6 Spanier und ein Norweger, und damit besser gerankt als Österreichs Mister Alps Tour, Uli Weinhandl auf Rang 32.

Unsere Pros wandern aus

Mit anderen Worten: Spieler wie Maurer, Moser, Lepitschnik, Prader etc. haben es aufgegeben einen Top 5-Platz in der Endwertung der Alps Tour anzustreben um damit in die 2. Liga aufzusteigen, dem logischen nächsten Karriereschritt. Astl, Pfau, Rieder, Friessnegg oder Reiter sehen bessere Chancen auf der Deutschen Satellite Tour, der EPD-Tour. Dort sind die Preisgelder zwar niedriger, dafür die Konkurrenz deutlich schwächer.

Playing-Pros golfen nicht zum Amusement sondern sind Unternehmer, die kaufmännisch denken müssen. Christoph Pfau hat auf der EPD-Tour in 14 Turnieren 6.700 Euro verdient (Rang 20), das ist etwas mehr als Weinhandl auf der Alps Tour. Dazu sind die Deutschen Turniere näher und die Reisekosten deutlich günstiger.

Reform der Alps Tour notwendig

Dennoch liebe Pros: ihr habt eine Milchmädchenrechnung aufgestellt. Der Weg zum Ziel führt nicht über die schwächste Konkurrenz sondern über die stärkste. Nur wer sich mit den Besten messen will, wird vielleicht eines Tages selbst zu den Besten zählen. Und angesichts von Eigenkosten pro Saison von mindestens 50.000 Euro (ehrlich gerechnet) kann man weder auf der Alps- noch der EPD-Tour leben. Dazu wurden diese übrigens auch nicht geschaffen, sondern als Sprungbrett in die Challenge Tour.

Mein Vorschlag: das Spielrecht auf den Satellite Tours auf maximal 3 Jahre begrenzen und ein Alterslimit von 30 Jahren einführen, die heimischen Turniere ausgenommen. Wer es in diesem Zeitrahmen nicht schafft, der zählt zu jenen 99 %, die im Profigolf sowieso durch den Rost fallen.

von Joachim Widl

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