Live-Scoring Frust

Tigerline_Golf_Live_at

Das Live-Scoring ist für jedes Golfturnier das Fenster zu den Fans. Zumeist ist dieses Fenster jedoch so stark beschlagen, dass man nicht hindurchsieht. Hier gibt es die ultimativen Antworten, warum das Live Scoring wieder einmal nicht funktioniert.

Ein jedes Golfturnier braucht seine Helden. Für mich persönlich sind Traude Neuwirth und ihr Scorer-Team vom Golfverband bei der Kärnten Open wieder einmal die wahren Helden. Sie sind täglich die Ersten am Platz und verlassen diesen 16 Stunden später in absoluter Dunkelheit als Letzte. Ihre Mission lautet: Scoreboard und Live Scoring – gäbe es sie nicht, wären die Fans im Dunkeln darüber, wie es im Turnier steht.

Und so funktioniert das Live Scoring hinter den Kulissen. Alle drei Löcher am Platz steht ein ehrenamtlicher „Scorer“, dem die durchkommenden Spieler ihre Ergebnisse der letzten drei Löcher ansagen. Der Scorer notiert und gibt die Flightergebnisse per Funk an Traude Neuwirth im Scorer-Zelt durch. Dort wird sofort am zentralen Scorer-Sheet notiert, gegengelesen (wie bei den Air Traffic Controllern, dort heisst das „Read Back“), auf einen neuen Handzettel die neuen Scores kopiert. Dieser Handzettel wandert zum „Stecker“, der händisch am zentralen Scoreboard die neuen Ergebnisse aufpickt.

Jetzt bekommt der elektronische Scorer den Handzettel und gibt die Scores in die Eingabemaske der European Tour für den Flight ein und klickt auf „SEND“ – und NICHTS PASSIERT! Warum taucht (noch) nichts im offiziellen Live Scoring der Challenge Tour auf?
*** rechts die Eingabemaske für das Live Scoring – Draufklicken für ein grosses Bild ***

Schuld sind die Programmierer-Fuzzis! Als die US PGA Tour 2009 mit blinkenden Flash-Scores, Shot-Tracking und weiteren Gimmicks daherkam, musste die European Tour reagieren. Im Frühjahr 2010 wurde die neue European Tour-Homepage gelauncht. Eine zuvor perfekt funktionierende Live Scoring-Software wurde durch eine bunt schillernde aufgemotzte Krücke ersetzt, die in Schönheit stirbt. Das passiert, wenn man Programmierer unter Zeitdruck dahinwerkeln lässt, viel zu früh in den Echtbetrieb geht und dann mühsam die Bugs aussortiert – bis heute wird daran geschraubt, und alle die damit arbeiten müssen, raufen sich die Haare aus!

Zurück, was passiert, wenn der ÖGV-Scorer auf „SEND“ klickt. Die neuen Scores werden abgespeichert und in gleicher Sekunde via Internet an den zentralen European Tour-Server im englischen Wentworth übermittelt. Sicherheitsprotokolle, Serverüberlastung und Inkompetenz führen dazu, dass normalerweise erst 10 bis 15 Minuten später die Scores bei Ihnen am Computer angezeigt werden. Das ist der Idealfall! In Internet-Stosszeiten, vor allem abends, kann das Update bis zu zwei Stunden dauern, wie etwa bei der Kärnten Open am Freitag zwischen 17 und 19 Uhr, wo sich das Live Scoring wieder einmal aufgehängt hatte.

Bei Turnieren wie der Kärnten Open, wo Golf-Live.at vor Ort ist, kein Problem. Jedes Mal, wenn ich beim Scorer-Zelt vorbeigehe, gebe ich telefonisch die Scores an unseren Redakteur vom Dienst durch, der diese bei den Live Scores der Österreicher sofort einspielt. Ab und zu schlagen wir die Tour-Webseite hinsichtlich Aktualität, aber das geht nur bei Heimturnieren.

Weitere Live Scoring-Frustquellen: bei der Kärnten Open stürzte laufend das Internet im Pressezentrum ab, wer keinen A1-Stick hatte, war offline. Gefürchtet sind Turniere in Marokko, Ägypten, Südamerika wegen der schwachen Internet-Infrastruktur. Und warum Live Scoring in Italien selten klappt, das soll sich jeder selbst beantworten…

Bei den „Star-Flights“ in Seltenheim, das waren jene mit Prägant und Steiner, schickte Traude Neuwirth jeweils zwei „mobile Scorer“ mit. Der eine trägt den Lollipop, der andere das Funkgerät. Beide zählen die Schläge ihrer Spieler und funken diese nach jedem einzelnen Loch durch. Sollte eigentlich klappen, funktionierte leider nicht immer: „Jetzt schicke ich nur noch Mädchen raus, die sind viel zuverlässiger. Die Burschen lassen sich viel zu sehr ablenken und funken lauter Blödsinn rein,“ sprudelte der Ärger bei „Traudl“ heraus.

Tatsächlich sind die lochweisen Updates viel unzuverlässiger, nicht nur in Kärnten: auch am Finaltag der Bretagne Open meldet das Live Scoring ein Birdie für Philipp Archer an der 10, das ihm zwei Schläge Vorsprung auf Roland Steiner bringt. Tatsächlich spielte er ein Bogey, gibt das selbst auf Loch 12 beim routinemässigen Drei-Loch-Update an den Scorer durch, der die Korrektur im Live-Scoring veranlasst.

US-Standard erreicht die European Tour eigentlich nur bei der British Open. Dort wird mit elektronischen Eingabegeräten in jedem Flight gearbeitet und die Daten für jeden Spieler nach jedem Loch auf dessen Scorekarte im Internet eingetragen: mit Score, Fairway- und Grüntreffer, Anzahl der Putts und eventuell Bunkerschlag. Diesen Standard auf der European Tour durchzuziehen, das verhindert die grottenschlechte Software. Und auf der Challenge Tour betreibt die European Tour Production weit weniger technischen Aufwand, daher nur das Drei-Loch-Update. Das liegt daran, dass die Veranstalter aufgrund des geringeren finanziellen Sponsorings diese Leistungen nicht bezahlen können.

Also bis zum nächsten Mal: den Bildschirm mit den Live Scores anstarren – nichts tut sich – soll ich manuell auf Refresh klicken? – bringt nix – vielleicht auf „Alternate Leaderboard“? – nein, wieder nix – „Live Scoring Console“ probieren? nein – warten – warten – warten….

PS: Geheimtipp: Live Scoring funktioniert mit Firefox-Browser besser als unter Explorer…

von Joachim Widl

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