Golfregel-Hoppalas

Tigerline_Golf_Live_at

Unsere Golfhelden sehen oft wie Platzreifeschüler aus, sobald sie in die Wicken schiessen und den Referee rufen. Vor allem Tiger, Rory und Sergio ecken scheinbar dauernd bei den Golfregeln an.

Sind es die Golfregeln oder die Unkunde seitens der Spieler, die ihnen und uns Fans zuletzt so viele Golfturniere vermiesen? Rory McIlroy kosten zwei nachträglich aufgebrummte Strafschläge in Abu Dhabi den Sieg, Tiger Woods kam gleich zweimal ähnlich teuer weg, vor allem beim Masters markierten Strafschläge das Ende seiner Titelambitionen.

Wie kompliziert eine überschaubare Anzahl von 34 Golfregeln in der Praxis sein können, wissen wir alle aus leidvoller Erfahrung. Aber wieso sehen millionenschwere Golfstars wie Vollpfosten bei der Platzreifeprüfung aus, wenn sie einen Standard-Drop mit genauer Anweisung des Referees ausführen sollen? Unsere Golfhelden sind plötzlich sehr menschlich – vielzu menschlich!

Natürlich kennen Pros und auch ihre Caddies die Golfregeln weit besser als wir Hobbyspieler. Aber der Beobachtungsdruck bei einem Turnier, wo es um Millionen und Karriere geht, ist halt ein anderer.

Es ist der Technologiewahnsinn der TV-Stationen, die den Spielern zusetzt. Ein im Rough oder am Grün „oszilierender“ Ball sieht mit digitalem Superzoom gefilmt im Wohnzimmer anders aus als für den Spieler am Platz mit bloßem Auge. Wenn vor allem bei Topstars wie Tiger jeder Atemzug klinisch gemessen, jeder Golfschlag statistisch seziert und zuletzt sogar jeder Schritt samt Kalorienverbrauch gemessen wird, kann das an den Spielern nicht spurlos vorbeigehen.

Während die meisten Golfpros ziemlich unbemerkt über die Runde kommen, ist bei den Topstars jedes kleinste Detail im Bild und führt zu Anrufen Hunderter Besserwisser oder Vernaderungen durch eifersüchtige Spieler und Caddies, die vermeintliche Regelverstöße melden. Alles natürlich nur im Interesse des sauberen Sports…

Wenn dann nachträglich, sozusagen auf der grünen Wiese, Ergebnisse mit Strafschlägen korrigiert werden, ist das ganz schlecht für den Sport. Wir alle wollen „live“ mitfiebern, ein Score als endgültig abhaken, wenn der Spieler zum 18. Mal eingelocht hat und nicht Stunden später korrigierte Leaderboards erleben.

Das Problem sind nicht die Golfregeln, sondern die gelebte Golfregel-Kultur. Jedes Regelwerk einer Sportart ist von allen als ultimativer Massstab für den Wettbewerb vorbehaltlos zu respektieren, auch wenn es in Einzelfällen noch so ungerecht oder unangebracht erscheint. Es gilt ja in dieser Form für alle gleich. Punkt, aus, Ende!

In der jetzten Golfregel-Unkultur wird ein Tiger Woods von manchen Journalisten in den Dunstkreis der Schummelei gestellt, nur weil halt öfters „irgend etwas war“. Dabei spielt es keine Rolle, dass es vielleicht nur um Unkenntnis ging, aber kein Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Etwas bleibt hängen.

Genauso wenig kann es sein, dass ein Sergio Garcia oder Rory McIlroy als Schummler oder Idioten hingestellt werden, nur weil sie sich auf einem von Tausenden Golflöchern, die sie pro Jahr spielen, ein wenig ungeschickt verhalten haben.

Der Sport, seine Stars und die Faszination geiler Golfschläge muss wieder im Vordergrund stehen und oszilierende Golfbälle und ähnlicher Schwachsinn in den Hintergrund treten.

Eine Lösung wäre: im Golf sollte das Gleiche gelten wie bei einer Hochzeit – jetzt sprechen oder für immer schweigen! Genauso sollten Strafschläge oder Disqualifikationen spätestens bis zum letzten Loch ausgesprochen werden, das beim Recording beglaubigte Score dann aber endgültig sein, komme danach was wolle.

Bei Turnieren mit Fernsehübertragung sollte in jedem Flight ein Referee dabeisein, wie auch beim Ryder Cup oder bei Majors, damit strittige Situationen sofort und endgültig gelöst werden. Die Authorität von Referees sollte gestärkt werden, Spieler nicht bei Turnieren eine „zweite Meinung“ einholen dürfen oder peinliche Rückfragen beim „Chief Referee“ per Funk passieren.

Wenn Tours, Spieler und Referees nicht schleunigst einen gemeinsamen Nenner finden, der die unendliche Geschichte an Regel-Hoppalas vor laufenden Kameras beendet, werden es Sponsoren und Fans strafen. Wer will das?

von Joachim Widl

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