Kettenreaktion

149th OPEN CHAMPIONSHIP – FINAL: Bernd Wiesberger hat auch am Finaltag am Weg zur 71 wieder mit deutlich zu hoher Fehlerquote zu kämpfen und verpasst so in Royal St. George’s überhaupt eine Runde unter Par und das geforderte Topergebnis. Das setzt für den achtfachen European Tour Champion eine mehr als nur unangenehme Kettenreaktion in Gang. Collin Morikawa (USA) schnappt sich seinen zweiten Majortitel.

Man hatte bei Bernd Wiesberger seit seinem 5. Platz in München irgendwie das Gefühl, dass nicht mehr alles so leicht von der Hand ging wie noch zuvor, etwa bei seinem Sieg in Dänemark. Woche für Woche büßte der Oberwarter in der Weltrangliste etwas an Boden ein und kam so „nur“ noch als 59. der Welt zur Open Championship.

Um seine durchaus hochgesteckten Ziele noch zu erreichen musste in Royal St. George’s ein Topergebnis her, allein die gutmütigen Verhältnisse – von Donnerstag bis Sonntag präsentiert sich die Par 70 Anlage aufgrund des mäßigen Windes richtiggehend angenehm – kann Bernd an keinem der vier Tage wirklich ausnützen und verpasst es so überhaupt einmal eine Runde unter Par aufs Tableau zu zaubern.

Konstantes Mittelmaß

In allen Aspekten des Spiels, von Tee bis Grün über die Putts, die Birdiequote bis zum Rundenscore ist Österreichs Nummer 1 in dieser Woche absolutes Mittelmaß, womit der am Ende herausspringende 59. Platz rasch erklärt ist. Dabei hätte er nach Runden von 71 (+1) und 70 (Par) Schlägen vor dem Wochenende durchaus noch die Chance gehabt das angepeilte Topergebnis einzufahren, fehlten doch auf die Top 10 nur sieben Schläge.

Bereits am Samstag allerdings beraubt er sich dieser Möglichkeit dann endgültig, denn mit einer weiteren 70 (Par) kann er dem Mittelmaß nicht entfliehen und den Rückstand in keinster Weise verkürzen. Mit einer starken Finalrunde war wenigstens noch sein bestes Open Ergebnis in Reichweite, doch auch dies sollte am Sonntag nicht mehr gelingen.

Gleich auf der 1 legt sich Bernd zwar eine gute Birdiemöglichkeit auf, lässt den Putt aber auf Linie etwas zu kurz. Die ausgelassene Chance rächt sich dann auch gleich postwendend, denn auf der 2 kann er das Par nicht mehr kratzen und rutscht so mit einem frühen Bogey rasch weiter zurück, was die erhoffte Aufholjagd klarerweise noch zusätzlich verkompliziert. Mit solidem Spiel von Tee bis Grün übersteht er die schwierigen ersten Löcher allerdings ohne weitere Probleme.

Am Par 3 der 6 bringt er dann auch den Putter erstmals richtig auf Temperatur und versenkt aus zehn Metern zum scoretechnischen Ausgleich. Sofort weiter nachlegen kann er jedoch nicht, da sich am einzigen Par 5 der Frontnine danach zum vierten mal in dieser Woche nur das Par ausgeht. Auf der 8 kommt es dann sogar noch dicker, denn mit einem Dreiputtbogey rutscht er im Klassement erneut jenseits der 60 zurück.

Zu wenig, zu spät

Des Schlechten noch nicht genug tritt er sich gleich danach auch auf der 9 ein Bogey ein und steckt damit endgültig im Leaderboard-Keller fest. Das scheint nun endgültig komplett den Rhythmus zu kosten, denn auf der 11 setzt es gleich den nächsten Schlagverlust, den er aber immerhin mit starkem Putt auf der 13 wieder egalisieren kann. Nachdem er auch am Par 5 der 14 den fälligen Birdieputt aus gut zwei Metern versenkt und so sogar erstmals im Turnier zwei Birdies hintereinander notiert, kämpft er sich langsam wieder Stück für Stück etwas zurück.

Mit einem messerscharfen Eisen gibt er sich schließlich am Par 3 der 16 endgültig die Chance auf den Ausgleich und dreht mit souveränem Putt sein Score wieder auf Level Par. Nicht nur, dass ihm der Sprung in den roten Bereich danach nicht vergönnt ist, rutscht er sogar auf der scorefreundlichen 17 wieder in den Plusbereich zurück, womit er mit der 71 (+1) schließlich Gewissheit hat, dass es auch am Sonntag nicht für eine Runde unter Par reicht. Die Open Championship beendet er so auf dem 59. Platz.

„Es war großartig, dass wieder Fans am Platz zugelassen waren. Wir sehen uns alle in ein paar Wochen wieder“, lässt er seinen nächsten Turnierstart noch offen.

Unangenehme Folgen

Der 59. Platz hat für Bernd Wiesberger auch durchwegs unangenehme Folgen. Nicht nur, dass er sein bestes Open Ergebnis recht klar verpasst – 2019 wurde er in Royal Portrush 32. – Markus Brier bleibt mit einem 12. Platz in Carnoustie 2007 auch weiterhin die rot-weiß-rote Messlatte bei Majors. Dies könnte der Südburgenländer mit Sicherheit auch gut verkraften, wären da nicht die noch bei weitem unangenehmeren Folgen wie ein verpasster Vorstoß in der Weltrangliste und die deutlich schwindenden Chancen auf eine PGA Tourcard.

Bernd hätte beim letzten Major zumindest ein Top 10 Ergebnis benötigt um die Top 50 der Welt in dieser Woche wieder knacken zu können. Nur so hätte er sich noch einen Startplatz für die St. Jude Invitational in Memphis sichern können. Das WGC Event im TPC Southwind wird somit das erste richtig große Turnier seit Mai 2019 (PGA Championship) sein, bei dem der Oberwarter zur Zuseherrolle verdammt ist.

Wohl Europa statt USA

Was wohl noch deutlich schwerer ins Gewicht fällt: die Chancen auf die PGA Tourcard schwinden zumindest für kommendes Jahr enorm. In einem Interview vor dem Desert Swing meinte Bernd selbst, dass der Sprung auf die US Tour klar eines seiner Ziele darstellt. Kein Wunder, hatte er doch bei der Wrap Around Season – aufgrund der Covid-Pandemie blieben sogar eineinhalb Jahre Zeit um genügend Punkte im Non-Member Ranking zu sammeln – bereits einen 4. Rang bei den RSM Classic letzten November auf der Habenseite.

Mit zahlreichen ausgelassenen Chancen – weder beim Players, noch bei den Texas Open, dem Masters, dem WGC-Match Play, den US Open, den PGA Championship oder nun bei den Open Championship konnte er wirklich nenneswert punkten – wird sich das Spielrecht in den USA nicht ausgehen, ausser er kann noch im August Einladungen auf der PGA Tour annehmen und dort fette FedExCup Punkte sammeln.

Die Rückkehr zu deutlich kleineren Turniere ist auch ein nicht zu unterschätzender Nachteil beim Kampf zurück unter die Top 50 der Welt, denn mit eher mäßig dotierten Turnieren auf Zypern oder Teneriffa wird der Weg für den 35-jährigen wohl deutlich schwerer werden als bei 7 bis 10 Millionen Dollar Events in den USA.

Eine Klasse für sich

Collin Morikawa (USA) schnappt sich in Kent nach dem PGA Championship Titel im letzten Jahr seinen zweiten Majorsieg und löst so Shane Lowry (IRL) als Champion Golfer of the Year ab. Der 24-jährige Kalifornier knallt gleich bei seinem Open-Debüt vier tiefrote Runden hin und brilliert vor allem am Sonntag mit nervenstarken Putts und großartigen Rettungsaktionen, was schließlich in einer fehlerfreien 66 (-4) mündet.

Bei gesamt 15 unter Par hält er so seinen Landsmann Jordan Spieth – der Texaner unterschreibt am Sonntag ebenfalls eine 66 – mit zwei Schlägen Vorsprung auf Distanz und stemmt schließlich den Claret Jug in den südenglischen Abendhimmel. Jon Rahm (ESP) (66) und Louis Oosthuizen (RSA) (71) teilen sich bei gesamt 11 unter Par Rang 3.

Leaderboard Open Championship

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