Rettung für Challenger?

Altpräsident Wittmann möchte die Challenge Tour zurückholen. Höchste Zeit wirds: Spieler drohten dem ÖGV bereits mit Streik bei dessen Turnieren.

Ort und Zeitpunkt hätten nicht pikanter gewählt werden können. Franz Wittmann, der aus seinem Frust über die ständigen Kürzungen im ÖGV-Sportbudget und das gefühlte Desinteresse seiner Nachfolger am Spitzensport kein Hehl macht, hatte eingeladen. Zum Pro-Am in seinen GC Adamstal beim Gastspiel der Pro Golf Tour. So einen schönen Event lassen sich Präsident Enzinger und Generalsekretär Fiegl nicht entgehen und genossen sichtlich den Golftag in der Ramsau.

Zuerst gewann Franz Wittmann noch schnell das eigene Pro Am um sich aber den Schlag des Tages für die Siegerehrung aufzuheben: „Ich möchte 2018 die Challenge Tour nach Österreich zurückholen und habe für das Turnier bereits überwiegend die notwendigen finanziellen Zusagen beisammen,“ mussten sich Enzinger und Fiegl vom Vorgänger vor versammelter Prominenz, Medien und Golfpros das neue Turnier auftischen lassen, an dessen Rettung sie im Vorjahr noch kläglich gescheitert waren.

Adamstal_ProAM_730

Dass der ÖGV wie zuletzt in Kärnten kolportierte 80.000 Euro zu den notwendigen 300.000 Gesamtbudget für ein Turnier der Challenge Tour zuzahlen wird, davon geht Wittmann aus. Kann er das? In besten Zeiten hatte der ÖGV diesen Betrag tatsächlich zum Turnierbudget beigesteuert. Seitdem schwimmt der Verband jedoch auf der Kürzungswelle, was schon die Gösser Open beim 25 Jahr-Jubiläum schmerzlich erfahren musste.

Österreichs Playing Pros sind mittlerweile so sauer auf den ÖGV, dass sie unlängst sogar mit Streik drohten. Nach der ersatzlosen Einsparung von Forsbrand / Jendelid als Coaches – was dem ÖGV jährlich einen sechsstelligen Eurobetrag erspart – dem Streichen der 30.000 Euro für Challenge Tour-Wildcards – samt Stehzeit für Nemecz, Wiegele und Co – drohte jetzt sogar den Nationalen Offenen Meisterschaften der finanzielle Kahlschlag.

Wir reden hier vom Turnierjuwel des ÖGV, dem Flaggschiff-Event, das seit 1978 durchgehend als wichtigstes Turnier des ÖGV organisiert wird und in besten Zeiten 30.000 Preisgeld für Österreichs Playing Pros bereitstellte. Schrittweise wurde bereits in den letzten Jahren der Pott auf 20.000 Euro zusammengestrichen. Als jetzt den Spielern nur noch 15.000 Euro zur Verfügung gestellt werden sollte, platzte denen endgültig der Kragen: „Wir haben Niki Zitny geschlossen mit Streik gedroht. Wenn wir das akzeptiert hätten, sind es nächstes Jahr 10.000 Euro und bald darauf müssen wir gratis kommen,“ so einer der heimischen Nachwuchs-Pros stellvertretend für seine Kollegen.

Die Blamage einer Nationalen Offenen ohne Pros konnte der ÖGV am Ende nicht riskieren und sagte wenigstens wieder 20.000 Euro aus dem Sportbudget zu. Aber auch auf >> Facebook beginnt sich Widerstand von Playing Pros oder Mid Amateuren (Lukas Hufnagl alias Lufan Gahlkus) zu regen mit sehr, sehr unbequemen Fragen, was erstaunlichen Mut beweist angesichts der Dünnhäutigkeit einiger ÖGV-Verantwortlicher.

Der Imageschaden aus dem 2016 abgesoffenen Challenger ist jedoch bereits gewaltig und nachhaltig. In Gesprächen mit Verantwortlichen der Tour ist der Ärger über den ÖGV deutlich zu spüren, vor allem das komplette Abtauchen nach der Ryder Cup-Bewerbung, sozusagen von 100 auf 0 in einem Jahr. Was man in Wentworth dabei besonders emotional hervorhebt: während die Tour seinerzeit Himmel und Hölle in Bewegung setzte, sogar Sponsoren in Österreich kontaktierte um das Kärnten-Turnier zu retten, war in der Wiener Marxergasse wenig Wille, Bewegung und Engagement zu spüren, eine winzig kleine Finanzlücke zu schließen.

Also ist Payback-Time angesagt! Heute lässt die Challenge Tour den Österreichern ihr Missfallen einmal ordentlich spüren. Bis zu 5 Startplätze vergibt Challenge Tour-Boss Alain de Soultrait pro Turnier persönlich und direkt. Der als besonderer Österreichfreund bekannte Belgier, der sein Wohlwollen durch besonderes Entgegenkommen in allen Belangen Jahr für Jahr bewies, überging Österreichs Pros bei ihren Ansuchen um Einladungen in den 6 bisherigen Turnieren des Jahres. Zum Handkuss kommt so ein Lukas Nemecz, der in der Form seines Lebens spielt, aber mangels Einladungen in der dritten Liga herumtingeln muss. Auf einen späteren Zeitpunkt in der Saison werden Österreichs Spieler vertröstet, wenn die Chancen auf das Erspielen einer Kategorie bereits bei Null angelangt sind. So knallhart sind die Konsequenzen.

Es wird einer nationalen Kraftanstrengung bedürfen um Österreich wieder als Standort für European-, Challenge-, Alps- und Pro Golf Tour durchgehend zu etablieren. Franz Wittmann hat seinen Nachfolgern im ÖGV in einem sehr geschickten Schachzug die Show gestohlen – man könnte auch sagen, sie so richtig vorgeführt! Schaut her, was ich privat aufstelle, was ihr mit euren Millionen nicht könnt oder vielleicht gar nicht wollt. Golf-Live.at ist seit den ersten Überlegungen im Winter eingebunden in die Planungen von Franz Wittmanns neuestem Turnier-Baby, das entweder in Adamstal oder in seinem neuen Club Dachstein-Tauern das Licht der Welt erblicken soll. Wir werden medial kräftig antauchen.

Und nicht zuletzt: auch der ÖGV wird dann Farbe bekennen müssen, ob ein glaubwürdiges Bekenntnis zum professionellen Golfsport zurückkehrt. Sonst werden sich heimische Spieler überlegen in Zukunft für Länder wie Ägypten oder Kenia zu starten um Turniergolf spielen zu können.

Von Joachim Widl

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