RC 2022: Ausgebootet!
2015-12-16
Italien leistet sich um 100+ Millionen ein Dreitages-Turnier und sticht damit Sponsorweltmeister Deutschland aus. Auch Österreich wird schmerzhaft auf den Boden monetärer Tatsachen zurückgeholt.
Fontana-Eigentümer Sigi Wolf hatte vor einem Jahr anlässlich Österreichs Ryder Cup-Präsentation erklärt: “ Es ist mir bewusst, dass es gilt an einem sehr großen Rad zu drehen“. Wie groß, das hätte er wohl selbst nicht gedacht. Italien bläst seine eigene Open 2016 von 1,5 auf 3 Millionen und danach für 11 weitere Jahre sogar auf 7 Mio. Euro auf. Zusammen mit der Lizenzgebühr von 18 Millionen, dem Platzumbau im Marco Simone GC sowie Nebengeräuschen blättern Italiens reiche Golffamilien somit einen Betrag jenseits der 100 Millionen Euro hin.
Nicht schlecht für ein Dreitagesturnier für 24 Golfpros, die noch dazu keinen Euro davon abbekommen – oder nur durch die Hintertür. Die European Tour steht im beinharten Match gegen die US PGA Tour mit dem Rücken zur Wand. Der neue Boss Keith Pelley versucht über die Knute „Ryder Cup“ seine Eurostars zu wenigstens 5 Turnieren außerhalb von Majors und WGCs zu verpflichten. Wer so wie Paul Casey nicht spurt, ist für das Ryder Cup-Spektakel nicht startberechtigt. Das funktioniert unter hörbarem Murren von McIlroy und Co. jedoch nur dann, wenn neue Mega-Events von 7 Millionen in Europa entstehen, wie sie Woche für Woche in Amerika aufgetischt werden.
Also bleibt der European Tour nichts anderes übrig als ihr Kronjuwel an den Meistbietenden zu versteigern – Rom bietet genau das mit der 7 Millionen Euro dotierten Italien Open ab 2017 für 11 Jahre an! Mission accomplished aus Sicht der European Tour.
Während in Italien an Rädern in der Dimension von Schiffsschrauben gedreht wurde, bewegte man sich in Österreich eher im Hamsterrad. Ein ungemein engagiertes Team im ÖGV rund um Robert Fiegl, Andreas Holzmüller und Gary Stangl rackerte mit Herzblut über ein Jahr bis zur totalen Erschöpfung und bewegte dabei das absolute Maximum, was im kleinen Alpengolfland darstellbar war.
So wie sich Golfösterreich selbstbewusst und herzerfrischend auf der internationalen Bühne präsentierte, das verdient allergrößten Respekt und hat uns viele neue Sympathien eingebracht. Wir mögen nicht die dickste Brieftasche mitgebracht haben, aber ein rundum stimmiges Konzept, das in vielen Komponenten wie der Infrastruktur oder der Golfentwicklung im Osten Europas das wahrscheinlich sogar Allerbeste war.
Das von vielen erhoffte Millionen-Euro-Comeback von Fontana am ET-Kalender, das unbedingt notwendig gewesen wäre, spielte es dagegen nicht. Während Italien mit ihrer Open klotzt, hat die Lyoness Open mit der Aufwertung von 1 auf 1,5 Mio. wohl den absoluten Plafond erreicht und verbleibt eine Randerscheinung am ET-Kalender.
Bereits im Sommer war Nachdenklichkeit in Österreichs RC-Hauptquartier zu spüren, als bekannt wurde, dass Italiens Bid von der weltweit größten Sportmanagement-Agentur IMG um kolportierte 2 Millionen Euro gepusht wurde, samt entsprechendem Lobbying. In Österreich waren solche Summen einfach für die eigene Bewerbungsmaschinerie nie und nimmer aufzubringen.
Auch von Deutschland nicht. Die Annahme, dass der neue ET-Boss Keith Pelley wenige Tage vor dem entscheidenden 3. Adventwochenende in München bei BMW zum Canossagang antrat, wie die Süddeutsche mutmaßte, war ein kleiner Irrtum. Es ging eher darum, die Münchner in letzter Minute in italienische Sphären hinauf zu lizitieren, was sichtlich scheiterte und das Pendel endgültig in Richtung Süden ausschlagen ließ.
Wie sich das auf BMWs zukünftiges Engagement als mit Abstand wichtigster Geldgeber der European Tour auswirken wird, bleibt abzuwarten. Hinter so mancher Hochglanzfassade bröckelt es. Auch Frankreich hat mit dem Ryder Cup 2018 mehr Probleme als allgemein bekannt. Im Bemühen, die jährlichen Raten für die RC-Lizenz in Millionenhöhe abzustottern, hat der französische Verband sein Engagement für Challenge- und Alps Tour spürbar zusammengestrichen – wohl auch nicht ganz im Sinne des Golfsports.
Für alle, die sich jetzt sagen „… na dann probieren wir es halt in vier Jahren wieder…“, nur soviel. Deutschland ist vor vier Jahren an der nicht gewährten Steuerbefreiung für Ryder Cup-Einnahmen gescheitert. Das wurde diesmal angeboten, allerdings keine 100 Millionen. In vier Jahren wird Deutschland dazulernen und wieder antreten – mit Steuerbefreiung plus 100 Millionen für Extraturniere. So hoch wird die Latte liegen, wenn der Ryder Cup 2026 wieder an den Meistbietenden gehen wird.
Von Joachim Widl
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