Plan B – Tourschool?

Tigerline_Golf_Live_atMüssen alle außer Bernd zur Tourschool – schon wieder? Weil Plan A (gut spielen, Geld verdienen, aufsteigen) über die Saison betrachtet nicht aufging. Wird Plan B (Tourschool) jetzt die Karriere retten?

Nur Top 10-Ergebnisse machen auf der Profitour das Kraut fett – bringen ausreichend Preisgeld um davon leben zu können, verteidigen das Spielrecht fürs nächste Jahr oder (noch besser) führen in die nächsthöhere Liga. Die Latte dazu liegt aber verdammt hoch: 9 unter Par reicht im Schnitt für die Top 10 auf der European Tour. Noch ein wenig tiefer (-9,25) muss man statistisch gesehen auf der Challenge Tour schiessen.

Sind Österreichs Playing Pros mit Ausnahme von Bernd Wiesberger nicht gut genug? So ist es, sagt knallhart das World Ranking, wo sonst keiner mehr unter den Top 800 zu finden ist. Aber schaun wir uns die Jungs mal genauer an. Hier ihre durchschnittlichen Rundenscores heuer und wo sie damit auf ihrer angestammten Tour im Ranking gelandet sind (Stichtag 12.9.2013:)

Spieler
Score-Schnitt
Ranking Tour
Bernd Wiesberger
70,61
36. ET
Martin Wiegele
73,09
197. ET
Markus Brier
72,40
216. ET / 108. CT
H.P. Bacher
72,39
118. CT
Roland Steiner
69,67
78. CT
Manuel Trappel
70,43
97. CT
Florian Prägant
72,50
153. CT
Jürgen Maurer
72,77
169. CT
Uli Weinhandl
70,36
8. ALPS
Lukas Nemecz
70,65
7. ALPS
Leo Astl
72,65
8. PGT
Philipp Fendt
72,48
42. PGT
Berni Reiter
73,14
27. PGT
Bernard Neumayer
72,82
38. PGT
Joe Steiner
73,20
46. PGT
Christoph Pfau
73,68
53. PGT
Wolfgang Rieder
72,81
69. PGT

Bei den Herrschaften mit schwarzem Scoredurchschnitt, also über Par, gibt es nur zu sagen: das Jahr 2013 ist bislang ein „Satz mit x“, das war wohl „nix“. Einzige Ausnahme Leo Astl, der aber zu unbeständig spielte. In der Preisgeldarithmetik der Pro Golf Tour sind selbst zwei Siege alleine zu wenig.

Interessanter sind die „5 Roten“. Roland Steiner ist mit 69,67 Schlägen Durchschnitt bei 38 Runden der Neuntbeste auf der Challenge Tour – aber nur 78. im Ranking! Jose-Filipe Lima, aktuell die Nummer 1 auf Europas Nachwuchstour, spielt mit 69,87 Schnitt sogar schlechter als Steiner. Auch Manuel Trappel (70,43) spielt eine Supersaison, ist im Ranking aber noch hinter Steiner. Wie gibts das? Beide durften nur 9 Turniere spielen und haben ihre besten Runden zum falschen Zeitpunkt abgefeuert.

Die geforderten tiefen Runden schüttelten auch Luki Nemecz (70,65) und Uli Weinhandl (70,36) auf der Alps Tour aus dem Ärmel. Da sie dort volle Saisonen spielen und mit tiefen Runden zum rechten Zeitpunkt punkteten, sind sie im Ranking entsprechend weit vorne. Wie gnadenlos konkurrenzfähig die Alps Tour geworden ist, beweist, dass dennoch beide sicherheitshalber bei der Stage 1 der Tourschool antreten mussten, weil das Challenge Tour-Ticket noch unsicher war.

Dabei sein und brav im Mittelfeld mitspielen, das reicht nicht mehr für ein verdienstvolles Leben auf der Tour. Der professionelle Golfzirkus will Siegertypen sehen. So wie den Amerikaner Brooks Koepka, der ein paar Einladungen für die Challenge Tour bekam, drei Siege abstaubte und kurze Zeit später auf der European Tour und bei der British Open spielte.

Der Preisgeld-Breakdown ist daher so zugeschnitten, dass nur Siege den großen Wurf bringen und Top 5-Ergebnisse wirklich im Ranking weiterhelfen. Nur wer knallhart zuschlägt, wenn es um die Wurst geht, kommt weiter. Und das geht so:

1. Schritt: ein golferisches Komplett-Paket zusammenbringen um einen Rundenschnitt von ca. 70 Schlägen oder besser zu stemmen.

2. Schritt: geduldig auf die „guten Wochen“ warten, wo es läuft und man am Sonntag auf den letzten 9 Löchern um den Sieg mitspielt.

3. Schritt: spätestens im dritten oder vierten Anlauf voll zuschlagen mit Sieg oder zumindest Top 3.

4. Schritt: Wiederholung bitte, mit dem Selbstvertrauen eines Siegers.

So schafften Bernd Wiesberger oder Thorbjorn Olesen und Nicolas Colsaerts den großen Karrieresprung, Brooks Koepka, Peter Uihlein und Tommy Fleetwood folgten.

Ob das alles mit Plan A oder B gelingt, ist letztlich Nebensache. Die Tourschool wird viel zu wichtig genommen, sie bringt maximal eine Tourkarte, aber noch keinen Erfolg. Vor allem für junge Spieler eine Bürde, wie man bei H.P. Bacher und Marina Stütz gesehen hat. Tourkarte heißt: hohe Reisekosten, die nur teilweise durch Sponsoren abgedeckt sind, verbunden mit dem Druck, in einer höheren Liga Topergebnisse abliefern zu müssen. Mehr als zwei Drittel der Tourschool-Qualifikanten scheitern daran.

Der Erfolg verlangt zuerst „Knochenarbeit“ (Schritt 1) und dann „Kopfarbeit“ für Schritt 2 bis 4. Und zuletzt die gute Nachricht: solange die Gesundheit mitspielt, steht dem Golftalent ein Zeitfenster von 15 bis 20 Jahren zur Verfügung, wo mit jeder neuen Turnierwoche die nächste Chance kommt.

Das Beste: Golf kennt keine Preisrichter, keine Haltungsnoten, nur die nackte Score-Wahrheit, die man weder schönrechnen noch schönreden kann. Alle beginnen bei Even Par, haben 14 Schläger im Bag und die Übung heisst: möglichst effizient 72 Mal einlochen. Das ist Plan A.


von Joachim Widl

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